Französische Emigranten, meldet euch!
Edikt vom 6. Oktober 1794
Zusammenfassung und Anmerkungen zum Inhalt
Lena Blawid
Der französische Volksvertreter René Mathurin Gillet befiehlt der gesamten Bevölkerung Kölns, alle französischen Emigranten bei der Expeditions-Kanzlei zu melden. Sie werden dazu angehalten ihren Vor- und Nachnamen, ihren Herkunftsort sowie ihren aktuellen Aufenthaltsort zu melden. Ebenso müssen der Expeditions-Kanzlei alle für das Militär nutzbaren Gegenstände, Vorräte und jegliche Kriegsmunition, Pulver wie auch Blei, gemeldet werden. Ferner darf kein Schiff mehr den Hafen verlassen.
Den Bürgern wird mehrfach offen gedroht. Der Ausdruck „scharfester Ahndung“ lässt auf die schweren Konsequenzen schließen, die eine Missachtung der im Edikt bestimmten Auflagen nach sich zieht. Worin genau diese Konsequenzen bestehen, ist allerdings unklar. Eine weitere Drohung ist explizit in Verbindung mit dem Ausschiffverbot aufgeführt. Die Formulierung „unter nämlicher Strafe“ verbindet die einzelnen Verordnungen miteinander, indem sie ausdrückt, dass für jegliches Fehlverhalten die gleiche Strafe aussteht. Zudem wird so das Ausschiffverbot noch verstärkt. Im Anschluss an die Anordnungen, die an die Bevölkerung Kölns gerichtet sind, wird die Expeditions-Kanzlei von Gillet beauftragt, diese Informationen zu verbreiten. Zum einen soll dies durch einen stündlichen Trommelschlag, zum anderen durch den Druck des Edikts und dessen Verteilung in der Stadt erfolgen.
Dieses Edikt ist nicht das einzige Edikt aus der französischen Zeit, welches französische Emigranten betrifft, und auch vor der französischen Zeit wurden bereits Edikte bezüglich französischer Emigranten publiziert. Dies zeigt, wie zentral das Thema der Emigration, insbesondere die Emigration von Franzosen, damals war. Auch das Erscheinungsdatum des Edikts ist auffällig. Es wurde am Tag der Stadtschlüsselübergabe, dem 6. Oktober 1794, veröffentlicht und ist somit eine der ersten offiziellen Verordnungen, die nach der Kapitulation der Stadt Köln von den neuen französischen Machthabern an die gesamte Bevölkerung Kölns herangetragen wurden. Da bereits vor der Revolution Franzosen unter anderem nach Köln geflohen waren, waren die neuen Herren der Stadt besonders erpicht darauf, diese mutmaßlichen alten Revolutionsfeinde zu erfassen.

Interessant ist, dass die Zweischriftigkeit in diesem Edikt sogar zweimal in einem Wort auftritt. Die Wörter „Emigranten“ und „Emigrations-“ weisen beide Formen der Schriften, die Frakturschrift und die Antiquaschrift, auf. Das lateinische Fremdwort selbst tritt in Antiquaschrift auf, während die grammatikalischen Angleichungen an das Deutsche in Frakturschrift geschrieben sind.
Inhaltlich fällt auf, dass der Trommelschlag zur Verkündung des Edikts stündlich erfolgen soll. Diese hohe Frequenz der Trommelschläge und ihre explizite Nennung lassen auf große Unsicherheit und möglicherweise chaotische Verhältnisse in der Stadt schließen. Der Rat führt hier den Auftrag von Volksvertreter Gillet aus – er ist also unverändert im Amt und formal die zentrale politische Institution der Stadt. Besonders interessant ist, dass Gillet in seiner Ansprache zwischen geistlichen und weltlichen Personen unterscheidet. Er geht offenbar ganz selbstverständlich davon aus, dass die vorrevolutionäre Gesellschaftsordnung, die zwischen Ständen unterscheidet, in dieser frühen Phase der französischen Herrschaft in Köln noch in Kraft ist. Hier wäre es sicher sehr interessant, zu prüfen, ob diese Unterscheidung in der französischen Originalformulierung ebenfalls auftritt. Das Edikt ist jedenfalls nur in deutscher Sprache überliefert.
Gesamtdeutung: Alle Einwohner Kölns werden angesprochen. 1) Französische Emigranten sollen sich melden und ihre persönlichen Daten hinterlegen, 2) Militärmittel sollen gemeldet werden, 3) Schiffe dürfen die Häfen nicht mehr verlassen. Missachtungen werden Strafen zur Folge haben.