Hohe Strafen für „Krisenprofiteure“
Edikt vom 11. Februar 1795
Zusammenfassung und Anmerkungen zum Inhalt
Tobias Edele
Gerade in den „Mangelgesellschaften“ der Vormoderne waren Preise und Qualität der Grundnahrungsmittel stets ein Politikum ersten Ranges, erst recht in Krisenzeiten – auch die Französische Revolution war teils auf eine Hungerkrise zurückzuführen. Die Städte der Frühen Neuzeit kontrollierten daher häufig die Brotpreise. Die Versorgung der Ärmsten mit dem lebensnotwendigen Brot sollte gesichert sein, in Köln bekamen Arme ab 1740 den „Brotpfennig“.
Im Notfall wurde Müllern und Bäckern Getreide aus städtischen Kornspeichern kostenlos oder unter dem Marktpreis überlassen – mit der Auflage, das Brot vergünstigt zu verkaufen; so auch 1794/95. Aus Punkt Nr. 5 erfahren wir, dass diejenigen Armen, die zum Bezug des Brotes berechtigt sind, dieses bei einem zugewiesenen Bäcker zum Festpreis erhalten sollen.
Naturgemäß lud ein solches „Hilfspaket“ aber auch zum Missbrauch ein: Mit dem hier vorgestellten Edikt reagiert der Rat auf Anschuldigungen gegen die städtischen Müller und Bäcker. Ihnen wird vorgeworfen, das zur Verfügung gestellte Getreide einzubehalten, das Brot für die Armen stattdessen in geringerer Qualität zu backen und mit Grannen zu strecken – die borstenartigen Fortsätze der Getreidekörner, also eigentlich ein Abfallprodukt.
Der Rat droht allen, die sich derartig bereichern wollen, mit dem Thurngang (=Turmgang: Ein einfacher Arrest für Inhaber des Bürgerrechts, im Gegensatz zur deutlich härteren Zuchthausstrafe) und im äußersten Fall mit Entzug des Bürger- und Meisterrechts, was für Handwerksmeister einer Existenzvernichtung gleichkommt. Um zu verhindern, dass Dresch- und Mahlabfälle im Brot landen, sollen diese am Kornhaus abgeliefert werden. Außerdem werden die Bäcker ermahnt, ihr Brot ordnungsgemäß zu kennzeichnen – ein altbewährtes Mittel, um schlechtes Brot rückverfolgen zu können.