Keine Angst vor der Revolution!
Bitte Ruhe bewahren!
Sebastian Schlinkheider
Transkription
„Andurch wird allgemein bekannt gemacht / daß von dem französischen Volks-Vertretter so wie auch von der französischen Generalität an die abgeschickte Städtische Deputation die Versicherung ertheilet worden: daß jeder Bürger und Einwohner und selbsten auch die gesammte Geistlichkeit nicht nur bei ihrem Gottes-Dienste verbleiben / und wie zeithero geschehen / darinn fortfahren, sondern auch in Ansehung ihrer Personen und Privat-Eigenthums alle Sicherheit genießen / und dabei geschüzt werden sollen; Wogegen aber auch von allen und jeden Einwohnern ein ferner ruhig und stilles Betragen erwartet wird.
Zugleich geschieht hiemit der Expeditions-Kanzlei der Auftrag: Gegenwärtiges durch den Trommelschlag verkünden / auch an den gewöhnlichen Orten im Druck öffentlich affigiren zu laßen.
Also beschlossen im Rath den 7ten Octobris 1794.
J.J. CARDAUNS, Dr Secret. mpp.”
Zusammenfassung und Anmerkungen zum Inhalt
Die Bevölkerung Kölns – hier weiterhin nach Laien und geistlichem Stand geteilt – soll sich nicht um ihr Eigentum und die freie Ausübung ihrer Religion sorgen, beides bleibe geschützt. Dafür wird im Gegenzug gefordert, dass sie sich möglichst ruhig und unauffällig verhalten soll, die da kommen mögen. Auch wenn die Kommunikation sich hier nur in eine Richtung (gewissermaßen: top-down) abbildet, lässt sich die Unsicherheit der Untertanen gegenüber dem herannahenden Revolutionsheer, die sich möglicherweise auch in der Stadt bereits Luft gemacht hat, beinahe mit Händen greifen.
Auffällig ist, dass das Edikt wird einen Tag nach der kampflosen Übergabe der Stadt Köln an die französischen Truppen erlassen wird. Die erwähnte „abgeschickte Städtische Deputation“ waren die Regierungsvertreter der Reichsstadt Köln, die den französischen Truppen am 6. Oktober über die Aachener Straße entgegen fuhren (vgl. Müller, Klaus, Köln von der französischen zur preußischen Herrschaft, Köln 2005, S. 11–19).
Dass Trommelschlag und Anheftung („Affigiren“) des gedruckten Ediktes „an den gewöhnlichen Orten“ verfügt wird, ist pragmatisch: Möglichst alle, die sich in der Stadt aufhalten, sollen von diesem Erlass erfahren – deshalb wird die Bekanntgabe gewissermaßen "mutimedial" organisiert. Leider kennen wir die "gewöhnlichen Orte" nicht genauer.
Gesamtdeutung: Der Stadtrat möchte Handlungsfähigkeit und Sicherheit demonstrieren – und die Bewohner Kölns ruhig und unter Kontrolle halten.
Die Datumsangabe folgt dem gregorianischen Kalender, hier wird noch nicht mit dem Revolutionskalender gearbeitet, wie es bei vielen anderen Edikten der französischen Zeit der Fall ist.
Verzeichnis von 1899
Bezeichnung im Verzeichnis von 1899: Manifest; Religions- und Bürgerschutz
Laufende Nummer im Verzeichnis von 1899: 2992